Dienstag, 12. März 2013

Ein starkes Kind

Der gestrige Tag geht mir im Kopf herum. Montags habe ich frei und muss immer 10000 Sachen an diesem Tag unterrbringen. Ich war also mitten im Rödeln als mein Vater um kurz vor elf anrief, ich solle schnell kommen. Ich bin sofort los, habe verzweifelt versucht in der Schule anzurufen, daß man den Kindern sagt, sie sollen noch in den Hort gehen. Normalerweise hätte ich sie abgeholt. Ich hab niemanden erreicht in der Schule. Also die Nachbarin gebeten sich darum zu kümmern.

Als ich bei meinen Eltern ankam, war mein Vater völlig aufgelöst. Meine Mutter lag im Bett und atmete schwer. Die Augen waren geschlossen. Die Hand aber noch warm und sogar ein Puls tastbar. Und sie reagierte auch noch. Wir fragten, ob sie in das andere Bett wolle, ein schwaches Nein kam aus ihr heraus. Ich fragte sie, ob ich die Kinder nochmal zu ihr bringen sollte. Und dann kam ein schwaches Ja. Also bin ich in die Schule gefahren und habe die Kinder aus ihren Klassen geholt. Habe sie gefragt, ob sie die Omi nochmal sehen wollen. Monsieur war sich nicht so sicher, aber Madame.
Und sie ist zu ihr hin, hat ihr die Hand auf die Wange gelegt und ihr eine gute Reise gewünscht. Ich fand das so stark! Ich hätte das als 8 jähriges Kind nicht gekonnt. Madame hat ihre Omi sehr geliebt und auch viel Zeit mit ihr verbracht.
Monsieur ist das alles sehr suspekt gewesen, kann man ja auch verstehen. Er hat sich aber liebevoll um meinen Vater gekümmert.

Als meine Schwester auch da war, habe ich die Kinder zu Freunden gebracht. Und ich war froh darum, daß sie den Zeitpunkt des Todes nicht miterlebt haben. Ich war alleine mit meiner Mutter, es war nicht abzusehen, wie lange sie noch vor sich hinschnaufen würde. Ich saß bei ihr und streichelte ihre Hand und Stirn. Mein Vater hatte sich eine Runde ausgeruht und meine Schwester war auch gerade nicht am Bett. Meine Mutter verzog ganz kurz ihr Gesicht, dann quollen große Mengen geronnenes Blut aus ihrem Mund. Der Reflex des Würgens oder ähnliches war längst erloschen. Danach kam kein Atemzug mehr.
Ich glaube diesen Moment werde ich nicht mehr vergessen.
Auch wenn es gut war, daß es so schnell ging. Daß sie nicht wochenlang pflegebedürftig war. Sondern eigentlich noch bis letzte Woche relativ wach am Leben teilgenommen hatte.
Ich bin ganz schön erschöpft. Es liegt eine anstrengende Zeit hinter uns und sicher auch noch vor uns.

Ich bin stolz auf die beiden Kinder ! Sie haben das alles toll gemacht.
Und Madame imponiert mir. So sehr ich oft unter ihrer Stärke und Sturheit leide ;-).
Als letzten Herbst Monsieur sich mit dem Schnitzmesser massiv in den Finger geschnitzt hatte und eine kleine Blutlache im Gras entstand, da war sie so besonnen und hilfreich. Während mir, Chirurgenberuf hin oder her, ganz anders wurde.
Und ich bin sicher, gestern hat die Omi sie noch wahrgenommen.

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